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Praxisbeispiel: Warnhinweise in der Notaufnahme

Die folgenden Praxisbeispiele orientieren sich an realen Situationen aus dem Gesundheitswesen; alle Namen sind frei erfunden. 

Das Erkennen von Gewalt hängt sowohl vom eigenen Fachwissen als auch von der persönlichen Haltung gegenüber Betroffenen ab. Es ist wichtig, die eigenen Vorstellungen darüber zu reflektieren, wie Betroffene „sein sollten“ oder wer typischerweise betroffen ist – denn solche Annahmen beeinflussen Wahrnehmung und Handeln.

  • (Party-)Wochenende in der Notaufnahme

    José Hernández kommt an einem Sonntagmorgen in die Notaufnahme. Er lebt erst seit Kurzem in Berlin und ist nicht krankenversichert. Da er sich in der Stadt noch nicht auskennt und große Sorge hat, sich mit HIV infiziert zu haben, sucht er medizinische Hilfe.

    Bereits in der Triage ist er sehr aufgelöst, fast panisch. Er berichtet, kaum geschlafen zu haben und wirkt intoxikiert.

    Am Wochenende habe er viel gefeiert, in verschiedenen Bars und Clubs sowie bei privaten Dates. Als er vor etwa einer Stunde in seinem Zimmer mit starken Kopfschmerzen aufwachte, habe er plötzlich Angst bekommen. Das medizinische Personal fragt nach, wie er nach Hause gekommen ist und was zuletzt passiert sei. José Hernández berichtet, er habe viel konsumiert und dabei Sex gehabt. Er klagt über starke Schmerzen am ganzen Körper, besonders im Analbereich, und beginnt zu weinen.

  • Nach einem Sturz in der Notaufnahme

    Sabine Müller, 55 Jahre alt, kommt in Begleitung ihres Ehemanns in die Notaufnahme. Er wirkt äußerst besorgt. Sie hat eine Platzwunde an der Stirn, einen Verband am rechten Mittelfinger sowie starke Kopfschmerzen und leichten Schwindel. Ursache der Verletzungen sei ein Sturz von der Treppe gewesen, bei dem sie mit dem Kopf gegen eine massive Holzkommode im Hausflur geprallt sei. Sie gibt an, sehr in Eile gewesen zu sein, da ein neuer Mandant in der Kanzlei auf sie gewartet hätte. 

    Im Wartebereich redet der Ehemann sehr eindringlich auf sie ein. Frau Müller wirkt angespannt. Das Schädel-CT zeigt keine akuten Befunde, jedoch fällt auf, dass die Patientin in der Vergangenheit bereits eine Nasenbeinfraktur hatte

Diese Praxissituationen zeigen, dass die Hinweise auf Gewalt oft nicht eindeutig sind. Einige Patient*innenberichte lösen ein ungutes Bauchgefühl aus oder werfen Fragen auf. 

Weiterführende Informationen

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